Was ist agiles Projektmanagement?
Das agile Projektmanagement stammt aus der Praxiserfahrung der Softwareentwicklung, in dem erfahrungsgemäß mit ständig wechselnden Rahmenbedingungen und Anforderungen zu rechnen ist. Während dort agile Praktiken und Methoden zwischenzeitlich unumstritten sind und erfolgreich Anwendung finden. Spätestens durch die „Scrum“ Methode ist agiles Projektmanagement in der breiten Masse bekannt geworden.
Im Jahre 2001 veröffentlichten 17 erfahrene und kluge Softwareentwickler das sogenannte „Agile Manifest“ (original “Manifesto for Agile Software Development” bzw. “Agile Manifesto”). Unter den Autoren zählen u.a. Jeff Sutherland und Ken Schwaber, die Begründer des Scrum Frameworks oder auch Ken Beck, der Schaffer der agilen Methode Extreme Programming. Darin formulierten sie – basierend auf ihrer umfangreichen Erfahrung in der Umsetzung von Softwareprojekten – eine Reihe von Ideen, Prinzipien und Werten, die zu einem besseren Vorgehen bei der Softwareentwicklung beitragen sollten und schufen somit den Ansatz für agiles Projektmanagement.
Zu den Prinzipien und Werten im „Agilen Manifest“ zählen u.a.:
- Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden durch frühe und kontinuierliche Auslieferung wertvoller Software zufrieden zu stellen
- Der Fokus bei der Softwareentwicklung sollte künftig mehr auf die Interaktion der Anwender liegen als auf den Prozessen und Tools.
- Agile Prozesse fördern nachhaltige Entwicklung. Die Auftraggeber, Entwickler und Benutzer sollten ein gleichmäßiges Tempo auf unbegrenzte Zeit halten können.
- Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht und wichtiger als Vertragsverhandlungen.
- Funktionierende Software soll wichtiger betrachtet werden, als eine umfangreiche Dokumentation.
- Funktionierende Software ist das wichtigste Fortschrittsmaß.
- Die schnelle Reaktion auf neue Anforderungen und Veränderungen sollte wichtiger sein, als die stupide Umsetzung eines Projektplans.
- Fachexperten und Entwickler müssen während des Projektes täglich zusammenarbeiten.
- Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams
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In den letzten Jahren haben sich verschiedene Methoden und Techniken entwickelt, mit denen die Werte und Prinzipien des agilen Manifests in die Praxis umgesetzt werden können. Zu den diesen zählen – um nur wenige zu nennen – u.a.:
Methoden
- Scrum
- Design Thinking, Design Sprint
- Lean Startup, Lean Thinking
- BMC (Business Model Canvas)
- FDD (Feature-Driven Development)
- OKRs (Objectives and Key Results)
- Lean Coffee, Fishbowl, Pecha Kucha
- …
Techniken
- Task Boards / Kanban
- User Stories, Use Cases, Persona
- Daily-Standup-Meetings
- (WIP-Limits) Work-in-Progress Limits
- Burn-Down-Charts
- …
Seit etwa 2010 haben verschiedene Organisationen, die sich mit der Standardisierung und Zertifizierung im Projektmanagement beschäftigen, diese Entwicklungen erkannt und unter dem Begriff Agiles Projektmanagement definiert. So gibt es u.a. beim renommierten Project Management Institute (PMI) eine Zertifizierung zum „Agilen Projektmanager“ (PMI-ACP).
Agiles Projektmanagements und seine Bausteine
Um ein Verständnis zu bekommen, was hinter dem agilen Projektmanagement steht, ist es leichter, wenn man zwischen agilen Werten, Prinzipien, Techniken und agilen Methoden unterscheidet. Folgende Grafik zeigt die Systematik des agilen Projektmanagements.
Agile Werte:
Die agilen Werte spiegeln die wesentlichen Grundsätze wider und bilden das Fundament im agilen Projektmanagement: Mehr Flexibilität in den Projekten und weniger starre Strukturen.
Agile Prinzipien:
Sie beschreiben die grundsätzliche Herangehensweise an agiles Projektmanagement. Zu diesen Prinzipien zählen zum Beispiel sog. Iterationen und die gewünschte Selbstorganisation von Teams.
Agile Techniken:
Darunter versteht man die relativ leicht verständlichen und konkrete Maßnahmen, die in das Projektmanagement eingebaut werden. Die Techniken geben dem Projektmanagement seine Struktur.
Agile Methoden:
Sind die Grundlagen zur Strukturierung auf der Ebene von Prozessmodellen. Prinzipien und Techniken werden hier zu einem konkreten Prozess kombiniert.
Veränderung in klassischen Projekten
Einige haben sich sicherlich schon die Frage gestellt, warum man überhaupt ein andere Art von Projektmanagement überhaupt benötigt, wenn die klassische Art in vielen Projektbereichen eingesetzt wurde und sich lange Zeit bewährt hat.
Nunja, im klassischen Projektmanagement geht man davon aus, dass die Stakeholder – einfach ausgedrückt: die Personen, die an der Projektrealisierung Interesse haben – zu Beginn des Projektes einen relativ hohen Einfluss haben, der jedoch mit Fortschreiten des Projektes erheblich abnimmt. So kann der Kunde am Anfang bestimmen, was er als Projektergebnis haben möchte.
Je weiter das Projekt fortschreitet, desto mehr schwindet sein Einfluss auf das Ergebnis. Denn zum einen sind die Projektergebnisse im Vertrag geregelt. Zum anderen ist der Kunde immer weniger in das Projekt eingebunden. Beim klassischen Projektmanagement bekommt der Kunde als Ergebnis das, was der Auftragnehmer als Projektziel verstanden hat.
Außerdem geht das klassische Projektmanagement davon aus, dass Änderungen am Projektauftrag umso teurer werden, je später sie in Projektphasen eingebracht werden. Das folgende Beispiel „Brückenbau“ soll dies verdeutlichen.
Veränderung in agilen Projekten
Was beim „Brückenprojekt“ gilt, muss aber nicht bei anderen Projekten so sein. Dennoch hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass Projekte, die im klassisches Projektmanagement umgesetzt werden, Schwierigkeiten bringen, wenn der Einfluss der Stakeholder bedingt möglich ist und Änderungen hohe Kosten mit sich bringen.
- Ein wichtiger Grund dafür ist die extrem zunehmende Geschwindigkeit, mit der sich das Umfeld eines Projektes verändert. Wenn eine Firma heute ein Projekt beginnt und dabei von einer bestimmten Marktsituation ausgeht, dann hat sich diese am Ende des Projektes meist geändert. Das Ergebnis des Projektes (kann ggf ein Produkt sein) ist dann nur bedingt nutzbar.
- Zudem ist auch weniger realistisch, dass der Kunde zu Beginn des Projektes genau weiss, wie das Produkt am Ende aussehen soll. Gerade bei neuartigen und komplexen Produkten ist dies kaum möglich. Betrachten wir hier mal das soziale Netzwerk facebook. Mit Sicherheit konnte Marc Zuckerberg zum Projektbeginn – also zum Start der Entwicklung von seiner Plattform – nicht wissen, wie diese heute aussehen wird. Fortschreitende Technologie, Design und User-Interface sowie die Funktionalitäten auf facebook haben sich immer weiter entwickelt, verbessert und stets Einfluss auf die Projektentwicklung genommen. Und eine Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht.
Durch den Einsatz agiler Prinzipien und Techniken können Stakeholder weiterhin Einfluss auf den Projektverlauf nehmen. Die Kosten für Änderungen können ebenso so niedrig wie möglich gehalten werden. Eine flache Kostenkurve wie zuvor grafisch gezeigt ist, stellt zwar einen idealen Verlauf dar, ist aber in agilen Projekten nicht immer zu erreichen. Hier gilt letztendlich das Verhältnis beider Kurven im agilen Prozess. Änderungen dürfen diesbezüglich nur in einem gesunden Maße vorgenommen werden, um die Kosten im vordefinierten Rahmen zu halten.
Die agilen Grundwerte des Projektmanagements
Das Fundament des – im zuvor beschriebenen – agilen Manifest bildet vier Grundwerte bzw. Leitsätze für agiles Projektmanagement. Zum besseren Verständnis seiner Kernaussagen greift das Manifest auf eine Gegenüberstellung zurück. Agile Werte werden in Abgrenzung zu herkömmlichen und klassischen Vorgehensmodellen deutlich gemacht.
Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:
- Menschen und deren Zusammenarbeit sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge
- Eine funktionierende Software (Produkt) ist wichtiger als eine umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen
- Die Reaktion auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.
Menschen und deren Zusammenarbeit sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge
Ein wesentlicher agiler Grundwert ist es, dass Menschen und deren Interaktionen wichtiger sind als die Prozesse und Werkzeuge. Der Mensch steht im Fokus! Ebenso ist der direkte Austausch mit dem Menschen wichtiger als Formalismen. Das heißt, jeder noch so ausgefeilte und gut dokumentierte Prozess kann ein persönliches Gespräch nicht ersetzen.
Welche Bedeutung der persönliche Austausch für agile Teams hat, zeigt auch die Forderung, dass ein Team räumlich möglichst eng zusammen sitzt. An sich ist das eine Selbstverständlichkeit, in der Realität sieht es oft anders aus. Der Einsatz von Kommunkationstechnologien und Softwarelösungen hat das Projektmanagement sehr vereinfacht.
Es hat sich aber auch gezeigt, dass diese Hilfsmittel im sinnvollen Maße eingesetzt werden müssen, damit die Kommunikation unter den Beteiligten nicht leidet. Ein Beispiel hier kennt sicherlich jeder aus dem Alltag: Bei Projekten gibt es auch einen Austausch in Pingpong-Manier, um ein Problem zu lösen. Dabei wäre ein persönlicher Austausch am Kaffeeautomaten oder per Telefon effektiver.
Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation
Im klassischen Projektmanagement gibt es eine Hülle und Fülle von Dokumenten, Dateien und nervigem Papierkram, die der Dokumentation von Projektstrukturen, des Projektfortschrittes, des Projektstatus und des Projektergebnisses dienen. Gerade in großen Organisationen mit klassischer Projektkultur fließt oft mehr Zeit in die Erstellung von Powerpoint-Präsentationen und Berichten für die Projektsteuerung, als in die Erledigung der eigentlichen Aufgabe.
Meine Erfahrung hat bisher gezeigt, dass es in der Realität anders aussieht und die Dokumentationen kaum genutzt werden. Da sind die Dokumentation eher ein schmückendes Beiwerk und Projektmitarbeiter und vor allem Kunden entnehmen die Informationen nicht aus der Dokumentation, sondern fragen lieber jemanden, den sie für kompetent halten 😉.
Somit bringt der zweite Leitsatz des agilen Manifest die Fokussierung des agilen Projektteams auf Ergebnisse zum Ausdruck. Für die Projektverantwortlichen ist es also wichtiger, eine Aufgabe zu erledigen, als sich mit einer Dokumentation oder Präsentation aufzuhalten. „Agil“ muss also gelernt sein!
Natürlich verzichtet agiles Projektmanagement nicht auf Dokumentationen, die für das Projekt wichtig sind. Dokumentationen, die mit der Software oder einem Produkt ausgeliefert wird, ist ja ein Bestandteil und kann zudem ebenso agil entwickelt werden.
Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlung
Der Kunde nimmt in der Arbeit des agilen Projektmanagements eine zentrale Rolle ein. Der Kunde ist Teil des Prozesses, mit seinen Änderungswünschen, Bedürfnissen und Problemen sogar wichtiger Teil des Projektteams. Eine (persönliche) Auseinandersetzung mit dem Kunden ist dabei wichtiger als ein formaler Vertrag. Auch in diesem Leitsatz stellt das agile Manifest den direkten Austausch mit dem Kunden über die klassischen Formalitäten.
Die Reaktion auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans
Beim klassischen Projektmanagement geht man davon aus, dass das Produkt sowie der Projektverlauf planbar sind. Wie bereits mehrfach erwähnt und dargestellt, ändern sich die Anforderungen an das Produkt während der Projektzeit. Gerade in der digitalen Zeit ist dies unabdingbar. Die häufigsten Einflüsse sind die Veränderungen im Projektumfeld und die Komplexität, die manches Projekt mit sich bringt. Die Komplexität der Anforderungen ist oft auch der Grund, dass der Kunde erst im Projektverlauf mehr Verständnis sowie Erfahrungswerte entwickelt und erst dann seine genauen Änderungswunsche und Bedürfnisse kundgeben kann.
Agiles Projektmanagement versteht die Veränderungen auch als Chance, z.B. als Gelegenheit grundlegende Elemente zu verbessern, die positive Auswirkung auf das Gesamtprojekt haben. Beispielsweise kann in einem Softwareprojekt die Verbesserung der Architektur oder des Frameworks dafür sorgen, dass Erweiterungen der Software einfacher und evtl. schneller zu entwickeln sind.
Tipps zur Beachtung agiler Grundwerte und Prinzipien in Deinen Projekten
Du möchtest agiles Projektmanagement gerne selbst in einen Projekten anwenden und möchtest wissen, wie du die im Manifest formulierten Leitsätze konkret implementieren kannst? Keine Sorge, auch hierzu habe ich einige hilfreiche Tipps für dich.
Vorerst sei angemerkt: Eine genaue Blaupause, wie du die Grundwerte in deinen Projekten einsetzen kannst, gibt es nicht. Das agile Manifest ist ein Leitfaden, an dem du dich und dein agiles Team orientieren könnt. Der Grundgedanke des Manifestes muss jedoch Einklang mit den eingesetzten Techniken, Methoden und Tools finden, die du bei der Projektrealisierung und in deinem Projektmanagement einsetzt.
Eine gute und effiziente Möglichkeit, dein Projektmanagement agil und nach den Grundwerten des agilen Manifestes zu gestalten, liegt in der Verwendung einer effizienten Projektmanagementsoftware wie smenso. Unsere Projektmanagementsoftware smenso ist mit den agilen Grundwerten und Prinzipien kompatibel und unterstützt dein agiles Projektmanagement und dein agiles Projektteam mit seinen Funktionen.
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